Patchwork Power – Interview mit Marita Strubelt

Sie ist Stiefmutter, Mama und Bonusmama. Patchwork-Familie kennt sie aus eigener Erfahrung. In ihrer Arbeit mit Ratsuchenden begegnet ihr auch das Thema Narzissmus. Darüber habe ich mit ihr gesprochen:

 

Liebe Marita. Du hast mit „Patchwork Power!“ ein Buch für Patchwork-Familien geschrieben. Erzähl doch mal. Worum geht es da?

Den Weg zu einem stressfreien Patchworkleben auf Augenhöhe! Wenn Eltern sich getrennt haben und neue Partner dazukommen, ist das oft kein Zuckerschlecken – für alle Beteiligten. Mir geht es darum zu zeigen, wie sich jeder in der Patchworkfamilie gesehen fühlt und einen Platz findet. Der Schlüssel ist eine gute Kommunikation. Dafür braucht es zunächst Klarheit über die eigenen Gefühle und Bedürfnisse, gute Wege, um diese dem anderen mitzuteilen und Empathie, um auch andere Sichtweisen stehenlassen zu können. Oft wird erwartet, dass wir den letzten Schritt sofort schaffen. „Du wusstest doch, dass er ein Kind hat.“ Dieser Satz ist eine richtige Ohrfeige, denn er wischt alle eigenen Anliegen vom Tisch. Dabei fängt es doch immer bei einem selbst an. Nur, wenn ich mich gesehen fühle, habe ich langfristig die Energie, um auch die Bedürfnisse der anderen zu sehen – egal ob Partner, Kinder oder Exfrau.

 

Wie genau begleitest Du solche Familien?

In erster Linie arbeite ich mit den Stief- oder „Bonusmüttern“. Das ist nämlich die Rolle, die ich in meiner Familie habe und deshalb noch mehr nachempfinden kann als die Sichtweise einer alleinerziehenden Mutter oder getrennten Elternteils. Wobei sich das vermischt, wenn beide Partner eigene Kinder in die neue Beziehung mitbringen.
Als ich meinen Mann kennengelernt habe, hatte er schon einen anderthalbjährigen Sohn. Jetzt ist er 14. Außerdem haben wir noch zwei gemeinsame Töchter im Alter von 9 und 10.
Am intensivsten ist meine Begleitung im Einzelcoaching. Da geht es vor allem um innere Prozesse: Wie gehe ich damit um, dass immer seine Ex in unserem gemeinsamen Leben präsent ist? Wenn wir mal ein Kind bekommen, ist das für meinen Partner dann überhaupt noch etwas Besonderes? Ich wünschte, er hätte keine Kinder – und das schlechte Gewissen bei diesem Gedanken.
Für Paare biete ich den Patchwork Power! Kurs an. Darin gehe ich mit einer Gruppe in 5 Monaten durch den Lösungspfad, den ich im Buch aufgezeichnet habe. Denn die Theorie zu verstehen ist das eine. In Streitsituationen angemessen reagieren und kommunizieren zu können, das braucht viel Übung.

Die Menschen, die Rat bei Dir suchen, haben auch zum Thema Narzissmus und Toxische Beziehungen Fragen. Welche? Und wie gehst Du damit um?

Ich höre sehr häufig die Bezeichnung „toxische Expartner“ oder die Vermutung, dass der andere Elternteil narzisstisch ist. Dieser Eindruck entsteht leicht, wenn in Diskussionen das Totschlagargument „Kindswohl“ herausgeholt wird. Jeder pocht auf sein Recht. Aufgrund alter Verletzungen oder aktueller Ängste, den Kontakt zum Kind betreffend, gibt es wenig Kooperationsbereitschaft. Dann ist es meiner Erfahrung nach oft leichter, schnell mit einer Diagnose wie Narzissmus zu kommen als zu schauen, wie ich diesem Menschen, der gerade so viel Ärger in mir auslöst, Empathie entgegenzubringen.
Die größte Schwierigkeit sehe ich darin, dass in einigen Fällen beide das gleiche über ihren Ex-Partner behaupten! Mit dieser Haltung landet die ganze Situation leider in einer Sackgasse. Das ist auf Dauer zermürbend, und zwar sowohl für die Eltern als auch für die neuen Partner.
Die Frage ist dann: Kann ich mit „so einem Menschen“ überhaupt sprechen? Bringt es was, da empathisch zu sein? Soll ich es überhaupt nochmal auf einen neuen Versuch ankommen lassen? Aus meiner Erfahrung kann ich sagen: In vielen Fällen ja! Auch wenn die Situation am Anfang der Beratung vertrackt erscheint, ist mit einer neuen Haltung oft doch mehr Veränderung möglich als gedacht.

Du hast erzählt, dass „Verdeckter Narzissmus in Beziehungen“ Deinen Blick auf die Frage verändert hat, ob Empathie immer das Mittel der Wahl ist. Wie hast Du darüber gedacht, bevor Du das Buch gelesen hast? Und wie denkst Du inzwischen darüber?

Als Trainerin für Gewaltfreie Kommunikation bin ich davon überzeugt, dass Menschen für sich und ihre eigenen Bedürfnisse handeln und nicht gegen andere. Außerdem tun sie immer das Beste, was ihnen in diesem Moment zur Verfügung steht – auch wenn ich das vielleicht absolut unangemessen finde. Wenn sie eine bessere Strategie wüssten, würden sie diese wählen. Jede Form von Angriff, Vorwurf oder Beleidigung ist ein Ausdruck unerfüllter Bedürfnisse. Das so zu sehen, ist eine Entscheidung.
Wenn ich also ein Umgangswochenende tauschen will und der Partner nein sagt, ist das nicht automatisch egoistisch, sondern der Wunsch nach Zuverlässigkeit oder Struktur. Wenn die Mutter sich in der Zeit, in der das Kind beim Vater ist, häufig meldet, geht es ihr nicht unbedingt um Kontrolle; sie könnte auch schlicht in Sorge sein, weil sie Sicherheit oder Vertrauen braucht. Wenn darauf gepocht wird, dass am Wochenende für die Schule geübt werden soll, muss das nicht gleich als übergriffig bewertet werden. Vielleicht geht es um Leichtigkeit und Verbindung, dass Dinge schon erledigt sind, wenn das Kind am Sonntagabend wieder zurückkommt.
Marshall Rosenberg, der Begründer der Gewaltfreien Kommunikation, war mit seiner Haltung sehr konsequent und hat sogar Vergewaltiger und Mörder empathisch abgeholt. Es gibt viele Berichte von seinen Begegnungen mit psychisch kranken Menschen, Drogenabhängigen oder Straftätern, die hoffnungslos erschienen und dann doch durch Empathie aufgelöst werden konnten.
Du beschreibst in deinem Buch narzisstische Muster, in denen eher Abgrenzung gefordert ist z.B. in Form von Grey Rock. Das kann ich nachvollziehen, wenn tatsächlich eine Persönlichkeitsstörung vorliegt. Sich selbst aufzuopfern, um unendlich Empathie aufzubringen, kann an so einer Stelle nicht das Richtige sein. Die Kunst ist jetzt herauszufinden, wann welcher Weg besser ist – und wie sich das herausfinden lässt.

Was nimmst Du aus dem Buch für Deine Arbeit mit?

Die Begriffe toxisch und narzisstisch werden seit einiger Zeit geradezu inflationär genutzt. Um nicht in eine Kerbe zu hauen, ist es leicht, genervt mit den Augen zu rollen und das Thema komplett abzutun. Dabei geht es nicht um ein Entweder-oder, die Wahrheit ist komplexer.
Vor der Lektüre deines Buches hatte ich mich noch nicht intensiv mit den Spielarten des Narzissmus beschäftigt. Das gilt vor allem für die subtilen Formen des vulnerablen oder verdeckten Narzissmus. Wenn ich jetzt in meinen Beratungen Beschreibungen solchen Verhaltens höre, kann ich viel eher und feinfühliger darauf reagieren. Einige Muster haben jetzt für mich einen Namen bekommen (z.B. Gaslighting, Stonewalling, Co-Narzissmus) und werden dadurch greifbarer und leichter erkennbar.
Für einen gesunden Umgang mit anderen Menschen brauchen wir zuallererst Selbstermächtigung und Selbstfürsorge. Das habe ich so auch im Patchwork-Power-Lösungspfad aufgeschrieben. Du bestätigst das in der Infobox „Gut zu wissen, wenn ihr gemeinsame Kinder habt“ mit den Aussagen, „dass wir gestützt durch psychologische Begleitung ein noch besseres Bollwerk für unsere Kids sein können“ und „dass sie nicht in einen Loyalitätskonflikt zwischen ihren Eltern geraten sollten.“
Und ich nehme den Satz mit: Toxischen Beziehungen fehlt ein lebenswichtiges Organ: Kommunikation. Denn darum geht es bei mir: Wie kann Kommunikation (wieder) funktionieren?

Gibt es etwas, das Du den Lesenden auf den Weg mitgeben möchtest?

Menschen, die Dein Buch lesen, wollen herausfinden, ob ihr Partner narzisstisch ist. Das erscheint bei einem geliebten Menschen zunächst unvorstellbar, wie ich aus deinen eigenen Schilderungen entnehmen konnte. Es ist ein schmerzhafter und deshalb vorsichtiger und zeitintensiver Prozess, weil er auch das eigene Verhalten unter einem neuen Licht erscheinen lässt.
Nach einer Trennung ist die Sache eher andersherum: Es ist leicht, den Ex-Partner mit dem Stempel „narzisstisch“ zu versehen und sich knallhart abzugrenzen, Nein zu sagen und zu mauern – alles Verhaltensweisen, die in einer narzisstischen Beziehung notwendig und anzuraten sind. Leider folgt im Patchworkkonstrukt daraus oft die Konsequenz, dass die nötige Kommunikation eher schwerer wird.
Ich möchte sagen: Empathie geht öfter als Du denkst! Vielleicht lohnt es sich doch nochmal, einen Versuch zu starten. Denn wenn es funktioniert, ist ein wirklich entspanntes und harmonisches Miteinander auf Dauer meiner Ansicht nach immer vorzuziehen. Wenn noch ein kleiner Funke Hoffnung da ist – komm zu mir und lies mein Buch.

 

Lipödem und Narzissmus – gibt es einen Zusammenhang?

Diese und andere Fragen diskutieren wir im aktuellen Podcast Liebödem von und mit Shari Lieb.

Spannende Frage! dachte ich mir, als ich mich das erste Mal mit Shari Lieb austauschte! Sie berichtete mir aus ihrer Praxis als Coach zum Thema Lipödem, das viele Betroffene Berührungspunkte mit narzisstischen Menschen haben.
Antworten suchen wir gemeinsam im Interview „(Verdeckter) Narzissmus und Lipödem“. Und demnächst steigen wir noch mal ein und schürfen etwas tiefer…

 

Narzissmus – nicht mehr als ein Medienhype?

Meine Antwort auf den Zeit-Artikel „Was haben Putin, Trump und der toxische Ex-Freund gemeinsam?“

 

Zurzeit wird immer wieder Kritik an der Auseinandersetzung mit dem Thema Narzissmus geübt. Jüngst zum Beispiel im oben erwähnten Beitrag. Die Abhandlung von Quentin Lichtblau warnt vor einer Generalisierung, tappt aber in die gleiche Falle: Ein Phänomen, das zur Lebenswirklichkeit einer breiten Zahl Betroffener gehört, wird darin fast vollständig in Abrede gestellt. Ich plädiere für einen besonnenen Mittelweg:

Ja. Es gibt einen medialen Hype um das Thema Narzissmus. Und: Ja! Es gibt Menschen, die sich ohne professionellen Hintergrund dazu zu Wort melden. Es ist wichtig, darauf hinzuweisen und Sachlichkeit anzumahnen. Aber: Warum gleich das Kind mit dem Bade ausschütten?

Emotional missbräuchliche Beziehungen sind ein reales, und sehr verbreitetes Problem. Und trotz der augenblicklichen Beliebtheit englischer Schlagworte wie „Gaslighting“ und der Dämonisierung von Menschen mit narzisstischen Zügen, sind die Merkmale solcher toxischen Verbindungen noch lange nicht bei allen angekommen: Es ist trauriger Alltag, dass Menschen Jahre und Jahrzehnte in krankmachenden Verbindungen verharren, und dass auch im therapeutischen Kontext oftmals nicht erkannt wird, womit sie es zu tun haben. Sätze wie „Es braucht immer zwei dazu!“ stimmen für normale Paardynamiken, nicht aber für Missbrauchsbeziehungen.

Profis aus Pädagogik, Psychologie, Justiz und Gesundheitswesen haben tagtäglich mit Fällen von Narzissmus bzw. mit toxischem Verhalten zu tun, und suchen Rat für den Umgang mit solchen antagonistischen Individuen, die ihnen in Scheidungsprozessen oder Elterngesprächen begegnen. Und tatsächlich ist die Wissenschaftsgemeinde noch alles andere als einig und spruchreif, was dieses Feld anbelangt. So heben Aaron L. Pincus[1] und sein Team hervor, dass es einer klareren Definition bedarf, um Narzissmus zuverlässig zu diagnostizieren, und um eindeutigere empirische Ergebnisse zu erzielen. Momentan würden in den Studien beispielsweise gesunder und pathologischer Narzissmus nicht trennscharf unterschieden. Und die Diagnoseschlüssel erfassten hauptsächlich den grandiosen, nicht aber den vulnerablen Typ. Hinzu kämen die, weniger bekannten, verdeckten Modi dieser beiden Narzissmus-Facetten – sie seien weniger leicht zu identifizieren als die offenen Ausdrucksformen. Statt die Diagnose zu streichen, wäre also, im Gegenteil, größere Genauigkeit wünschenswert.

Dies gilt ebenfalls für die öffentliche Debatte – gerade um den zurecht von Ihnen angesprochenen Missverständnissen und Vorverurteilungen auf diesem sensiblen Themenfeld vorzubeugen. Weder das Klischee vom bösen Narzissten noch eine Leugnung des Problems sind dabei hilfreich. Vielmehr braucht es fundierte und differenzierte Aufklärung.

 

 

 

 

 

 

[1] z.B.: Pathological Narcissism and Narcissistic Personality Disorder – Aaron L. Pincus and Mark R. Lukowitsky

WUNDERWEIB: Verdeckter Narzissmus

Expertinnen-Interview für WUNDERWEIB!

Ich freue mich riesig vom Onlinemagazin WUNDERWEIB zu ein paar Statements zum Thema verdeckter Narzissmus eingeladen worden zu sein! Die Fragen an mich ergänzen einen Artikel, in dem es um 10 Anzeichen geht, die auf verdeckten Narzissmus hindeuten.
Ich spreche unter anderem darüber, was verdeckten Narzissmus so gefährlich macht. – Lest mal rein!

Familie Bleiben nach Trennung und Scheidung

Die Mediatorin Isabell Lütkehaus hat mir für ihren Blog „Familie bleiben“ 3 Fragen zum Thema Narzissmus gestellt.

Ich freue mich wahnsinnig über die Zusammenarbeit mit meiner Freundin und Kollegin! Erst im Rahmen ihres Blogs. Und ab dem 01.12. auch im Podcast! Und nicht in irgendeinem Podcast! Sondern in der aller ersten Folge ihres brandneuen Podcast!!! Was für eine Ehre und Freude!!! Wir sprechen „über verdeckten Narzissmus in Beziehungen. Worum es dabei geht und wie es gelingen kann, nach dem Ende einer als missbräuchlich erlebten Beziehung Eltern für die gemeinsamen Kinder zu bleiben und auf Elternebene weiterhin miteinander zu kommunizieren.“ – Hört mal rein!
Und ich sag schon mal „Toitoitoi!“ für die morgige Podcast-Premiere!

 

Webinar „Neustart nach Trennung von Narzissten“

Wieder Vertrauen finden nach einer Trennung von einem Narzissten oder einer Narzisstin

Wer eine toxische Beziehung hinter sich hat, erlebt einen doppelten Vertrauensbruch: Wie kann ich jemals wieder jemandem trauen, wenn mein engster Herzensmensch mir so zugesetzt hat? Wie kann ich mich je wieder auf mich verlassen, wenn ich so lange so blind war?
Die Heilung von den erlittenen Verletzungen braucht Zeit, Wissen und Bewusstsein. Nur so können wir sicherstellen, dass wir nicht rückfällig werden, und dass wir beim nächsten Mal die echte Liebe erwischen.

Sylvia Harke und Turid Müller informieren über die Folgen solcher Trennungen, über die Phasen, die wir danach durchleben und über die nötigen Schritte Richtung Seelenfrieden. Und natürlich ist viel Raum für Eure Fragen.

Anmelden könnt Ihr Euch HIER.
Und wer schon mal reinschnuppern möchte, kann das auf YouTube.

HOCHSENSIBEL KONGRESS mit Sylvia Harke

Vom 04.-13.11.2022 veranstaltet Sylvia Harke online einen Kongress zum Thema Hochsensibilität. Ich bin mit einem Interview dabei…

… denn nicht selten geraten hochsensible oder hochempathische Menschen in narzisstische Beziehungen hinein. Warum das so ist, und was du dagegen tun kannst? Besuche den Kongress und erfahre mehr!

Mit dabei sind:
Anne Heintze, Angelika Fürstler, Anne Barbara-Kern
Ayla Schafer, Maik Zosso, Alica Büchel
Sabina Pilguj, Henrike Heier, Michael Repkoswky
Jörg Fuhrmann, Dr. Alexander Wunsch, Dr. Annette Johnson
Martin Krowicki, Sonja Schmitzer, Doro Rund
Joost Vogelaar, Christopher Hensellek , Martin Bertsch
Petra Neumann, Christian Blank, Marvin Ahlberg
Turid Müller, Satya Marchand, Oliver Lazar
Ilona Selke, Heiwa Zen mit Anni und Min
Sandra Quedenbaum, Dr. David Usadel, Manuela Starkmann

Folgende Themen werden behandelt:
Spiritualität, hochsensible Kinder, hochsensible Männer & Frauen,
die eigene Berufung als Hochsensibler finden, den eigenen Herzensweg gehen, Kreativität für Selbstheilung und einen gesunden Selbstausdruck, Stoffwechselsstörungen, Mikronährstoffe, Elektrosmog vermeiden, toxische Beziehungen, Lichtverschmutzung, kostbares Trinkwasser, Histaminintoleranz, Traumaheilung und Traumatherapie, vitalstoffreiche Ernährung, Hochsensitivität und
erweitertes Bewusstsein…

Lust bekommen? Hier kannst Du Dich anmelden!

Expertinnen-Interview in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung

Am 25.09. war in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung ein Artikel über Narzissmus in Partnerschaften abgedruckt.

Darin wurde anhand von zwei Fallbeispielen Betroffener beschrieben, wie toxische Beziehungen dieser Art gestaltet sind. Ich hatte die Ehre, als Expertin meine Stellungnahme abzugeben.
Ein herzliches Dankeschön an alle Beteiligten, die mit ihren Geschichten dazu beitragen, dieses Phänomen bekannter zu machen. Und einen besonderen Dank auch an Katrin Hummel, die diesen Beitrag für die Rubrik „Leben“ recherchiert und geschrieben hat. – Möge er viele Menschen erreichen, denen ein Wiedererkennen gerade eine Hilfe ist!

Narzissmus und Onlinedating – Liebe in Zeiten von Corona

Die Pandemie zwingt viele Menschen, bei der Suche nach dem Lieblingsmenschen neue Wege zu beschreiten. Doch: Wie können wir uns sicher sein, auf wen wir uns da einlassen, wenn das Kennenlernen virtuell stattfindet?

 

Das Netz, und gerade die sozialen Netzwerke, sind eine narzisstische Domäne. Denn wo könnte man besser falsche Fassaden aufbauen als dort!?! Narzissmus-Expertinnen stehen dieser Art der Kontaktaufnahme daher zuweilen sehr skeptisch gegenüber. Auch ich habe in meinem Buch davor gewarnt – besonders, wenn es eine Vorgeschichte mit toxischen Beziehungen gibt.
Nichtsdestotrotz leben wir noch immer mit COVID. Und vorsichtige Menschen brauchen alternative Gelegenheiten, um Beziehungen knüpfen zu können. Darum möchte ich hier ein paar Hinweise mitgeben, wie sich Onlinedating möglichst sicher gestalten lässt:

 

  1. Die richtige Haltung:
    Die wichtigste Zutat dabei, eine gesunde Beziehung zu führen, ist die Wahl, die wir treffen. Daher ist es kein Hindernis, sondern vielmehr ein legitimer Schutz, wählerisch zu sein. Spätestens nach der letzten missbräuchlichen Beziehung sollte klar sein: Gesundlieben können wir niemanden! Es hilft nicht, sich in Potenzial zu verlieben, das wir dann im Gegenüber erst entfalten wollen. Unsere Flamme sollte ihr Potenzial bereits entfaltet haben und passend sein. Ohne unser Zutun!

 

  1. Die Wahl der Plattform:
    Alles steht und fällt mit der richtigen Plattform. Wo man bezahlen muss, ist die Arschloch-Quote potenziell geringer, und die Absichten ernster. Diese Investition lohnt sich also.
    Ratsam ist auch, auf hohe Sicherheitsstandards zu achten: Werden die persönlichen Daten verifiziert? Wird der Chat gemonitort? Usw.
    Besonders empfehlenswert sind Portale, wo der erste Eindruck nicht über Bilder, sondern durch Texte und Nachrichten entsteht. Das geht gleich auf eine tiefere Ebene, weg von der Fassade. Und du merkst schnell, ob sich jemand die Zeit nimmt, mehr als eine Telefonnummer zu posten.

 

  1. Dein Profil:
    Dein Profil sollte Ausdruck deiner inneren Haltung sein. Besser du zeigst schon hier klare Kante und machst sehr deutlich, was du suchst und was nicht. Wenn sich hier jemand selbst aussortiert, und sich entscheidet, dir nicht zu schreiben, dann kannst du froh und dankbar sein, diese Person von der Backe zu haben!
    Um Deine Wünsche und No-Gos klar zu formulieren, kann (wenn du dazu schon bereit bist) ein Rückblick in die toxische Beziehungshistorie Modell stehen – und zwar als Negativbeispiel.
    Ein zusätzlicher Schutz kann es sein, auf alle zu verzichten, was narzisstische Menschen anzieht: Du bist berühmt? Verschweige deinen Beruf und gebe einen Nickname an! Du hast sexy Fotos aus einem professionellen Studio? Nimm lieber die verhuschten, ungeschminkten Schnappschüsse im Wollpulli! Du bist reich? Poste kein Bild von deiner Yacht etc.

 

  1. Die Profile der anderen:
    Hier kannst du deinen Filter sehr scharf schalten: Besser zu viele ausschließen als zu wenige! Aussortieren kannst du alle Menschen, die auf ihren Bildern zu sehr posen – ein Verhalten, das auf narzisstische Tendenzen schließen lassen könnte (aber natürlich nicht muss).
    Wenn es im Profil die Funktion gibt, sich selbst Eigenschaften zuzuordnen, kannst du alles herausfiltern, dass potenziell narzisstisch klingt, wie zum Beispiel: „Sehr gutaussehend“, „erfolgreich“ oder „beliebt“. – Wer sagt so etwas ernsthaft über sich!?!
    Suche Profile, die den Eindruck vermitteln, dass sich hier jemand wirklich Mühe gemacht hat – diese Person will vermutlich wirklich was, und ist auch im Leben potenziell committet.
    Gleiche die Selbstbeschreibung mit deinem Suchprofil ab: Deckt sich das wirklich? Oder setzt hier bereits Idealisierung ein? Oder die Wirkung eines Glaubenssatzes wie beispielsweise „Ich bin nicht liebenswert – daher nehme ich, wen ich kriegen kann!“?
    Kontaktiere nur die Menschen, wo deine Narzissmus-Alarmanlage nicht ausschlägt, und die zu dem passen, was du suchst!

 

  1. Alles liegt im Anfang:
    In der Psychologie haben wir den Schnack „Es liegt alles im Anfang!“. Und wirklich: Der erste Eindruck spricht nicht nur bei Klient*innen Bände!
    Beobachte genau die ersten Nachrichten, die Ihr austauscht: Welches Muster zeichnet sich ab? Wie geht es dir mit dem Kontakt? Wenn du mit Nachrichten bombardiert wirst, ewig warten musst oder inkonsistentes Kontaktverhalten dich irritiert, ist das vielleicht nicht der richtige Mensch für dich! – Dann verabschiede dich freundlich und beende den Kontakt. Schreiben kannst du zum Beispiel etwas wie: „Danke für Deine Nachrichten. Ich merke, ich suche etwas anderes. Für Deine weitere Suche wünsche ich Dir viel Erfolg. Ich hoffe, Armor klopft bald an! Alles Gute…“

 

  1. Gehen, wenn es nicht passt:
    Wichtig ist, sehr klar und entschieden zu sein, wenn etwas nicht passt. Fang gar nicht erst damit an, dir etwas schön zu reden. Sei ehrlich mit Dir selbst! Du kannst das als eine Art Training fürs Bauchgefühl betrachten:
    Wenn etwas nicht stimmt, geh! Worauf willst Du warten!?

 

  1. Schutz-Strategien:
    Beherzige, wenn es stimmig ist, in der Kontaktanbahnung folgende Regeln:
    – Mach langsam!
    – Öffne dich nicht zu schnell mit zu intimen Inhalten!
    – Vertrauen muss verdient werden!
    – Gegebenenfalls möchtest du unter einem Spitznamen auftreten und zunächst keine persönlichen Daten rausgeben.

 

  1. Das Kommunikationsverhalten:
    Wenn Ihr länger Nachrichten austauscht, hör auf deine Intuition, wie es dir im Kontakt (und davor und danach) geht. Und beobachte die Dynamik, die zwischen euch entsteht: Gibt sie an? Macht er Dich verantwortlich dafür, ihn zu trösten, wenn er einen schlechten Tag hat? Hört sie überhaupt zu? Oder stellt er viel zu viele viel zu intime Fragen? – Dann: Hasta la vista!

 

  1. Bedürfnisse:
    Im Vorfeld vom ersten Date kann die Frage, wie ihr das Treffen Corona-sicher gestaltet, ein aufschlussreicher Punkt sein: Narzisstische Menschen sind häufig angstfrei und verantwortungslos. Sie überschreiten Grenzen, hacken auf den (scheinbaren) Schwächen anderer herum und zeigen sich gegenüber Bedürfnissen, die nicht ihre eigenen sind, zuweilen respektlos. Die für dich stimmigen Corona-Regeln zu vereinbaren, kann also sehr aufschlussreich sein: Wenn du dich hier nicht gehört fühlst, ist das eine rote Linie.

 

  1. Das erste Date:
    Wenn ein Mensch dir sympathisch ist, sorg dafür, dass du möglichst frühzeitig einen echten Eindruck bekommst. Beim Schreiben lassen sich narzisstische Traits länger verstecken als im direkten Miteinander.
    Die erste Begegnung könnte via Videochat oder an einem belebten Platz in der Öffentlichkeit stattfinden, wo du dich sicher fühlen kannst.
    Im Gespräch merkst du schnell, ob du zu Wort kommst, oder ob jemand zu sehr von sich eingenommen ist. Witze auf deine Kosten fallen dir auf. Ebenso wie das sonstige Verhalten – zum Beispiel die Interaktion mit Servicekräften.
    Hier merkst du auch den Umgang mit Grenzen. Unter anderem bei der Frage, wie Ihr Euch voneinander verabschiedet…
    Wenn Du entscheidest, dass das erste Date das letzte war, kannst du es ggf. auch im Nachhinein kommunizieren, wenn du zunächst drüber schlafen möchtest, oder Sorge hast, wie deine Entscheidung aufgenommen wird.

 

 

Wichtig ist: Gehen kannst du jederzeit. Doch je länger du wartest, desto schwerer fällt es. Also sei schnell. Unser Instinkt weiß oft mehr als wir – und zwar gar nicht so selten vom ersten Augenblick an. – Hör drauf!

Narzissmus und Hochsensibilität: Im Gespräch mit Sylvia Harke

Das Buch hat mir bereits viele interessante Gespräche eingebracht! Zum Beispiel mit Sylvia Harke, einer geschätzten Kollegin, deren Schwerpunkt das Thema Hochsensibilität ist…

Gerade hochsensible und hochempathische Menschen werden häufig Opfer narzisstischer Beziehungen. Warum das so ist, und wie Du Dich davor schützen kannst – das (und noch Vieles mehr) haben Sylvia Harke und ich im Austausch erörtert.
Hier kannst Du den ersten Teil eines Interviews gucken, das Sylvia mit mir geführt hat. Es folgen weitere. Und in Kürze auch Webinare zum Thema, die ich hier vorstellen werde.
#staytuned